Wann bist Du alt? (Der Spiegel)

Ein Spiegel hängt in Deinem Zimmer,
Du stehst davor, das Haupt geneigt
und seufzest, weil ein grauer Schimmer
sich an Deinen Schläfen zeigt.

Beim Lesen streikt Dir die Pupille,
und neue Zähnchen brauchst Du bald –
Du seufzt und murmelst in der Stille:
Ach ja, ich werd nun langsam alt.

Du seufzst und solltest lieber schmunzeln,
kriegt auch Dein Haar einen Silberstich
und Deine Stirne ein paar Runzeln,
das ist doch alles äußerlich.

Manch einer ist vielleicht erst zwanzig
und außen herrlich von Gestalt,
doch innen schwunglos, trocken, ranzig
und miesepetrig, – das ist alt

Natürlich kannst Du nicht mehr wachsen
mit sechzig, – aber immerhin –
so lang Du für Humor und Faxen
und Zärtlichkeiten hast ’nen Sinn,

So lange Deine Augen glänzen
im Feuer der Begeisterung,
bist Du mit Deinen sechzig Lenzen
trotz Brille und Gebiss – noch jung

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