Daheim schmeckt`s am besten

"Hildchen lass uns auswärts speisen",
sag ich zur Frau. Will ihr beweisen
dass unsere Kinder, acht und zehn,
auch dann, wenn wir mal essen gehn,

sich ohne Not versorgen könn´.
Gesagt. Getan. Wir uns was gönn´,
kehr´n ein beim Ochsenwirt. Ganz fein
Sind grad beim ersten Gläschen Wein,

da summt das Handy. "Wer ist dran?"
frag ich, obwohl ich ahnen kann,
es sind die Kinder. Fragt die Große:
"Sag, Papa, sag, wie heißt die Soße,

die zu Spaghetti man sich macht?"
Ich sag´s. Leg auf. Es ist halb acht,
die Haxe kommt. Die Klöße auch.
Man hört schon wie frohlockt der Bauch.

Der Rotkohl, Grünkohl: welche Düfte
Uns steht´s Verlangen im Gesichte.
Woll´n greifen nach des Fleisches Pracht,
die fleiß´ge Köche uns gemacht,

da summt es wieder. "Wer ist dran?"
frag ich. Obwohl ich wetten kann
es sind die Kinder. Ja, die Jüngste
will wissen nun, wie man denn dünste

durchwachs´nen Speck in Kräuterbutter.
Noch sind gefasst wir. Ihre Mutter
tut kund ihr voll verhalt´ner Ruhe,
wie in die Pfann´den Speck sie tue,

die Butter drauf. Dann Majoran,
drei Eigelb und den Parmesan.
Nun wird die Soße Carbonara
durch leichtes Umrühr´n immer garer.

"Jetzt müssen sie´s verstanden haben",
sag ich zur Frau, "lass uns nun laben
an unsren fetten Schweinehaxen
bevor sie stör´n mit weit´ren Faxen."

Nehm Gabel, Messer und stech zu –
doch´s Handy lässt uns keine Ruh.
"Nur noch ein Letztes", sagt die Große,
"bei dieser Carbonara-Soße,

fehlt da nicht auch noch etwas Sahne?"
Mir kommt´s so vor, ich glaub, ich ahne:
die woll´n den Abend uns vermiesen.
Ich könnt sie beide jetzt erschießen

Hätt sie am liebsten aufgehangen
Die kleinen Wänste, fiesen Rangen.
Brüll: "Ja" Leg auf. Rauf mir die Locken
Kann kaum noch länger ruhig hocken,

so zehrt an mir des Hungers Macht.
Ich hätt`im Traum nicht dran gedacht,
dass unsre Kleinen, diese lieben,
so ruchlos sind und so durchtrieben.

Inzwischen ist die Haxe kalt.
Die Klöße fad, das Kraut ist alt.
Der Appetit ist uns vergangen.
Wir lassen beid´ die Köpfe hangen.

Stehn schließlich auf, zahl´n und gehn raus,
besteigen´s Auto, fahr´n nach Haus.
Doch dort, welch Duft, der uns nun lockt
in unsre Küche. Und da hockt

die Zweierbande. Diese Rangen
Vor Freud´ sie strahlend uns empfangen.
" Willkomm´n daheim" Uns rührt´s die Herzen:
Gedeckt der Tisch für vier, mit Kerzen

Vergessen Ärger, Zorn und Wut.
Wie mundet uns die Pasta gut
Drum liebe Eltern, glaubt den Reim:
"Am Besten schmeckt es doch daheim."

"Brigitte Hülzevoort-Schmidt"

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