Marias Geschichte

Aus heit’rem Himmel traf es mich:
der Engel sagte: Gott will Dich,
sollst Mutter sein für seinen Sohn
Das klang für mich wie purer Hohn
Warum will er denn so was machen?
Die ganze Welt wird mich verlachen
Bin Jungfrau noch, hab keinen Mann –
und Josef schaut mich nie mehr an
Doch weil man Gott nicht widerspricht
sah ich es an als meine Pflicht
und sagte: Was ER will gescheh
Im Stillen dachte ich: Oh weh
Wie soll ich das nur Josef sagen?
Denn er wird ganz bestimmt doch fragen,
bei wem ich wohl gelegen habe
und wessen Kind ich wirklich trage
Er hat getobt, geschimpft, geschrien –
und mir dann letztlich doch verziehen
Ich machte ihm ganz einfach klar,
dass das ja Gottes Wille war

Die Botschaft setzte ihn schachmatt
und so fand uns’re Hochzeit statt.
Acht Monate war alles bene –
wir schmiedeten schon Zukunftspläne –
als der Erlass des Kaisers kam –
ich dacht, der nimmt uns auf den Arm
Hochschwanger sollte ich noch reisen
und alles nur um zu beweisen,
dass wir vom Stamme David’s sind
und dass der Römer Schätzung stimmt.

So machten wir uns auf die Socken –
der Esel tat zum Glück nicht bocken –
und wanderten tagein, tagaus,
gen Bethelehem, King David’s Zuhaus.
Als wir dort endlich angekommen,
da sagte Josef ganz beklommen:
Ich hab uns kein Hotel gebucht
Ich hab still vor mich hin geflucht.
Wie kann man nur so’n Trottel sein?
Die ganze Stadt ist voll und kein
auch noch so kleines Zimmer frei
Wo sollten wir nun hin, wir zwei?
Und Panik macht sich in mir breit –
ich merkte, bald ist es so weit
und ich gebäre Gottes Sohn.
Mensch, Josef, nun beeil Dich schon
Sieh zu, dass Du ein Lager findest,
bevor Du mich gleich hier entbindest

Ein guter Mensch, des Mitleids voll,
der gab uns seinen Stall na toll
Und hier kam Gottes Sohn zur Welt –
das hatt‘ ich mir anders vorgestellt
‚Ne Krippe nur mit Stroh darin,
da legte ich mein Kindchen hin.

Doch dann war ganz erfüllt die Luft
von Engelschor und Weihrauchduft
und über’m Stall ein heller Stern
zeigt an: Hier ist der Sohn des Herrn,
der größte König dieser Welt –
ganz nackt und bloß und ohne Geld

Nun sind sie alle wieder fort,
die kamen Gottes Sohn zu seh’n.
Er liegt in seiner Krippe dort
und ich werd‘ jetzt auch schlafen gehen.
Bewahr die Nacht in meinem Herzen
und lösche jetzt die letzten Kerzen.
Hab Dank, ob Herr, in Deiner Macht,
für diese wahrhaft Heil’ge Nacht.

"R. Köhler"

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