Weihnachten – berlinerisch angehaucht

Vor etwa 2000 Jahren
ist gar wunderbares der Menschheit widerfahren.
In een Kuhstall hat Maria den Jesus entbunden,
und schon war Weihnachten erfunden.

Der Erfinder, darüber lässt sich nicht streiten,
war det größte Werbegenie aller Zeiten,
denn mit Friede auf Erden und stille Nacht
werden heute noch Millionenumsätze gemacht.

Nee, det war wirklich een janz Schlauer,
der verkooft sich besser als Häßler und Beckenbauer.
Doch det Schönste an Weihnacht – ja keen Frage –
det sind die vielen freien Arbeitstage
und damit Weihnachten ooch keener verpennt,
ham wa schon viermal Sonntags vorher Advent.
Det nennt man dann die Vorweihnachtszeit,
schön isset, wenn`s da schon mal ab und zu schneit
Weihnachten is teuer, det weeß jung und alt,
dafür kriejen die meisten ooch een 13. Monatsgehalt
Doch bevor man die Asche hat uff der Bank,
hat der Fiskus schon mal janz kräftig zujelangt.
Und unser Finanzminister wünscht sich gar sehr,
ach, wenn`s doch jeden Monat Weihnachten wär
Die Kaufhäuser sind strahlend und schön geschmückt
und die Kundschaft ob der vielen Lichterpracht janz entzückt.
Und den Menschen wird es warm und wohl ums Herz,
halleluja – es lebe der Weihnachtskommerz
Denn eenmal im Jahr wolln wa an unsere Lieben denken
und jeden von ihnen mal so richtig beschenken
Über Massenmedien bestens informierrt
läuft det Weihnachtsgeschäft wie jeschmiert.
Obwohl et uns doch schon wieder so dreckich jeht ,
kooft die Masse der Kunden nut Qualität.
Video, teure Pelze und echter Schmuck,
hochwertige Elektronikgeräte – die jehn weg ruck-zuck
und himmelhochjauchzend der Engelchor stimmt ein,
aber nur vom Feinsten muß et sein
Bei uns schenkt man altdeutsch – mit Liebe und Herz.
Vater kriegt`ne Krawatte und Mutter een Nerz.
Der Kleene, der kaum loofen kann,
bekommt` ne elektrische Eisenbahn.
Oma kriegt unser altes Sofa
und der Junior wird 16 – also kriegte en Mofa.
Der Opa, der hustet sowieso schon soviel,
der kriegt` ne Kiste Zigarren, schwarze Brasil.
O du fröhliche, o du seelige – bald isses soweit,
die gabenbringende Weihnachtszeit.
Mit Heilichabend bejinnt meist det schöne Fest
die Erwartung sich kaum noch zurückhalten läßt.
Bescherung ist dann – so wart früher schon,
Punkt 18 Uhr, det ist Tradition.
Am Baum schimmern feierlich die elektrischen Kerzen,
früher warn se aus Wachs,
doch sein se ehrlich, det war doch Fax
Und Weihnachtsmusik kommt von James Last aus der HI-FI-Anlage,
früher mußten wa`selber wat singen – na det war`ne Plage
Doch bevor wir zu die liebevollen Geschenke socken,
heißt`s erstmal: fünf Minuten frohlocken.
Bald sieht`s inne Wohnung aus wie bei Hempels im Keller
und die Mülltonnen sind voll, die Nachbarn warn schneller.
Is die Geschenkübergabe dann endlich vorbei,
bejinnt im allgemeinen die große Fresserei,
natürlich wird allet im Überfluß genossen,
und hinterher anständig eener hinter de Binde jejossen.
Warum ooch nich – hallejuja. Et ist ja bloß eenmal Weihnacht`im Jahr

"Ellen Sturm"

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